28.6. - 1.7.2012 Route des Grandes Alpes

Zeit: 4 Tage

Gesamtstrecke: 2505 km

 

Eigentlich wollte ich mir 6-7 Tage Zeit nehmen, eine Panne und das Wetter habe mich aber zur vorzeitigen Heimreise nach 4 Tagen bewogen.

Trotzdem habe ich alle Pässe der Route unter die Räder nehmen können. 

 

Tag 1 - Anreise

 

Am Donnerstag starte ich um 7:00 Uhr die Maschine und fahre Richtung Westen. Zuerst bis Landeck und dann in das Engadin. Bereits auf der Anfahrt "laufen" mir ein Paar Pässe - sozusagen als Aufwärmprogramm - in den Weg. Der erste ist der Flüelapass (2383m), den ich schon ein paar Mal besucht habe. Gleich nach der Passhöhe setze ich mich für ein paar Minuten in die Sonne und genieße den Ausblick.

 

Dann geht es weiter Richtung Davos und Chur, anschließend über den Oberalbpass (2044m)nach Andermatt, wo ich einen Tankstopp einlege. Und schon kommt das nächste Highlight - der Furkapass (2429m). Wieder unten im Tal angekommen hätte ich mich ja Richtung Süden wenden müssen, aber der Grimselpass (2164m) lockt mich die Serpentinen rechts hinauf. Oben ein Foto geschossen und schon wieder hinunter, um die korrekte Richtung wieder aufzunehmen. Diese 4 Pässe haben wir ja schon 2010 auf unserer 3 Tagestour I-CH besucht.

 

Die weitere Fahrt durch das Gomstal bis Sion bzw. Martigny ist nicht besonders aufregend und teilweise ist es schon recht warm, aber wenigstens hält sich der Verkehr in Grenzen. Immer wieder mache ich einen kurzen Stopp um etwas zu trinken und einmal an einer schattigen Stelle neben der Straße stärke ich mit mit den Resten der mitgebrachten Jause.

Dann ab Monthey hinüber nach Abondance in Frankreich wird die Stecke wieder interessant. Über einige Serpentinen und Kurven geht es zum Pas de Morgins (1369m), dort ist die Grenze zu Frankreich. Hier mache ich noch eine letzte Rast am kleinen See. Danach ist es nicht mehr besonders weit bis zu meinem ersten Etappenziel, Thonons-les-Bains. 

Dort erreiche ich dann kurz vor 20:00 Uhr in Armoy das Hotel L´Echo des Montagnes, wo ich via Inernet ein Zimmer reserviert hatte. Das Zimmer hat einen kleinen Balkon, wo ich meine Motorradklamotten zum Auslüften hinlegen kann. Auf der gemütlichen Hotelterrasse lasse ich den Tag mit einem Bier ausklingen. Das habe ich mir nach knapp 600 km wohl verdient ;-)

 

 

Bilder Tag 1 - Anfahrt

 

2. Tag - Thonon les Bains bis Ste-Marie-de-Vars

 

ca. 480 km

Dauer: 14h

 

Ich starte die V-Strom um Punkt 6:00 Uhr. Zuerst geht es die paar Kilometer zurück nach Thonon und dann startet die offizielle Routes des Grandes Alpes. Bereits zu Beginn schwingen sich die Kurven durch das Tal entlang der Felsen, ein Lieferwagen ist schnell überholt, dann habe ich die Straße für mich alleine. Ein tolles Gefühl, die Morgenluft in den Helm strömen zu lassen. In Le Jotty hat die Bäckerei schon geöffnet, also kaufe ich mir das obligatorische Baguette.

Bei Montriond mache ich einen Abstecher Richtung Osten zum Lac de Montriond, wo ich das Baguette genieße und anschließend hinauf auf den Col da la Joux Verte (1760m). Am Beginn ist die Straße aufgrund des vielen Rollsplitts sehr rutschig, später aber schwingt sie sich in vielen Kurven und Kehren hinauf in die Höhe. Auf der anderen Seite geht es hinunter nach Morzine und von dort wieder die "richtige" Route weiter Richtung Cluses.

 

In Cluses erwische ich erst im dritten Anlauf die richtige Abzweigung Richtung Colombiere. Ein kleines Sträßchen führt über Nancy sur Cluses, Romme, Le Reposoir schließlich hinauf auf den Col de la Colombiere (1618m). Für mich unglaublich, dass sich hier die Radfahrer herauf plagen. Es ist immer noch recht früh, daher herrscht kein Verkehr. Um ca. 9:30 genehmige ich mir auf der Höhe einen Espresso.

 

Danach peile ich als nächstes Ziel Clusaz an, das ich über den Col des Aravis (1486m) erreiche. Dort hinauf lässt es sich sehr flott fahren, die Strecke ist übersichtlich und leicht zu fahren. Oben befindet sich eine Kapelle der Heiligen Anna gewidmet und gegenüber eine Reihe von Touristenkioske.

 

Der Abschnitt von Flumet nach Beaufort und die Barrage de Roseland (Talsperre), wo der Doron gestaut wird, über das schöne Almgebiet entlang des Lac de Roseland ist wunderschön. Die Strecke erlaubt es, dass man bei gemütlicher Fahrt auch die Umgebung voll genießen kann. Über den Cormet de Roseland (1968m) geht die Fahrt durch schönes Almgebiet und es taucht dann gegen Mittag Bourges Saint Maurice im Tal auf. In Seez hole ich mir wieder - wie schon im Herbst 2011 - in der alten Bäckerei ein Baguette und eine Tarte d´apricots.

Dann kommt das Highlight des Tages, die Fahrt durch das Val d´Isere hinauf auf den Col de l´Iseran (2770m), wo ich um 13:30 Uhr bei 22 Grad den großartigen Rundblick genieße.

 

 

Bilder Tag 2 - Teil 1

Bald mache ich mich wieder auf den Weg ins Tal, immer noch bei sehr wenig Verkehr. Unten im Arctal mache ich neben dem Fluss noch eine kurze Pause zur Stärkung und dann geht die Fahrt weiter bis Modane. Die Straße führt in vielen flüssigen Kurven auch am Fort Victor Emmanuel (Barriere de l´Esseillon) vorbei. Da es noch früh am Nachmittag ist, schaue ich auf der Karte, welche Höhepunkte sich für diesen Tag noch anbieten.

 

Bei St. Michel de Maurienne zweige ich ab zum Col du Telegraphe (1570m). Leider ist fast die ganze Fahrbahn bis zur Passhöhe über die ganze Breite mit Rollsplitt bedeckt. Oben trinke ich einen Espresso als Stärkung für die Weiterfahrt. Nachdem ich Valloire passiert habe, steuere ich den nächsten Pass, den Col du Galibier (2645m) an. Das ist wieder ein echtes Highlight. Unglaublich, dass sich da die Radfahrer hinauf mühen, da kann man nur den Hut ziehen. Mit dem Motorrad ist es natürlich ein reines Vergnügen ;-) Oben weht ein frischer Wind. Nachdem ich mir die Füße vertreten, den Rundblick genossen und ein paar Fotos gschossen habe, nehme ich die Route wieder auf. 

 

Bald schon bin ich in Briancon angekommen und nach dem Motto "einer geht noch" steht als nächster Pass der Col d´Izoard (2360m) im Programm. Auch wenn der Pass nicht zu den höchsten zählt, die Streckenführung gehört für mich zu den schönsten. Die serpentinenreiche Strecke führt zuerst durch den Wald und oben über weite Schleifen. Auf der Passhöhe angekommen unterhalte ich mich mit ein paar Franzosen und lasse mich mit der Säule im Hintergrund fotografieren. Es ist schon später Nachmittag, daher sollte ich mir langsam überlegen, wo ich die Nacht verbringe. Die Südseite präsentiert sich in einem gänzlich anderen Bild mit Schutthalden und Felsnadeln. In der Abendsonne genieße ich meine Mahlzeit und fahre dann durch das Tal Combe du Queyras bis Guillestre. Zum Abschluss des Tages gibt es noch ein paar schnelle Kurven Richtung Vars. In Ste-Marie-de-Vars finde ich dann im Hotel Alpage direkt neben der Straße ein Zimmer und genieße nach diesen vielen, schönen Eindrücken den Abend bei einem Bier.

 

 

Bilder Tag 2 - Teil 2

 

Tag 3 - bis Nizza und retour

 

Gesamtstrecke: ca. 500km

Dauer: ca. 14h

 

Nachdem ich gut geschlafen habe, sitze ich um 6:30 Uhr wieder im Sattel. The early bird catches the worm ;-)

Schon nach wenigen Kilometern bin ich am Col de Vars (2108m) angekommen. Die Morgensonne zeigt sich bereits auf den Berggipfeln. Auf meiner Fahrspur bin ich alleine unterwegs, auf der Südseite kommen mir dann zuerst einzelne Radfahrer entgegen, bis es immer mehr werden. In Summe sind es über 200. 

 

In Jausiers weiche ich dann von der Originalstrecke der Routes des Grandes Alpes ab und mache einen Abstecher zum Col de la Bonette (2.715m). Ich beachte nur den Hinweis, dass die "Plus haute route d'Europe" geöffnet ist, die Zusatzinfo darunter habe ich nicht wirklich registriert. Auch hier treffe ich nur auf ein paar Radler aber sonst bin ich alleine unterwegs. Einfach traumhaft, die tolle Strecke so alleine genießen zu können. Oben auf der Passhöhe fahre ich gleich weiter zur Cime de la Bonette (2.802m), daher wird dieser Pass oft als die höchste Passstraße bezeichnet. Von hier hat man einen tollen Rundblick.

 

Oben steht ein Franzose und klärt mich auf, dass die Straße heute eigentlich wegen eines Radrennens gesperrt sei und ich daher nicht dieselbe Strecke zurückfahren könne, was ich eigentlich vorgehabt hätte. So habe ich eben kurzerhand den Plan geändert und fahre auf der anderen Seite Richtung Süden hinunter. Auf diese Art und Weise bin ich auf der kompletten Strecke absolut alleine unterwegs. So viel Glück muss man erst einmal haben!

Nein, stimmt nicht ganz - ein paar Murmeltiere haben vor mir die Straße überquert.

 

Unten in Sainte-Etienne-de-Tinée mache ich dann eine Frühstückspause und überlege mir, welche weitere Strecke ich nehmen soll.

 

Ich nehme die direkte Straße durch die Gorges Valabres nach Nizza, wo ich dann bald ankomme. Inzwischen hat es über 30 Grad im Schatten. Nachdem ich den Tank wieder aufgefüllt habe, fahre ich über die Grande Corniche nach Menton. Immer wieder eröffnen sich tolle Blicke auf das Meer. Nun geht es über Sospel und den toll zu fahrenden Col de Brouis (879m) nache Tende. Den Tendepass wollte ich schon lange einmal erleben. Die Strecke bis zum Tendetunnel ist sehr schnell zu fahren, auch wenn hier schon etwas mehr Verkehr herrscht. Ich fahre durch den Tunnel und dann noch ein Stück zu weit, habe also die Abzweigung zum Pass verpasst. Ein italienischer Biker klärt mich auf und ich drehe um. Direkt vor dem Tunnel auf italienischer Seite biege ich rechts ab und fahre den alten Tendepass hoch. Es ist auf dieser Seite wie eine übliche Almstraße bei uns, also nicht besonders aufregend.

 

Oben auf der Höhe beim Gasthof vor der Schotterstraße zur eigentlichen Passhöhe stehen schon viele Endurofahrer. Kein Wunder, hier kann man unter anderem die Einfahrt zur Ligurischen Grenzkammstraße nehmen. Es gibt 2 Schotterstraßen die zum Pass bzw. zum Fort Central führen. Ein Italiener empfiehlt mir die rechte, die weniger groben Schotter aufweist. Nach einer kurzen Schotterpassage kommt wieder Asphalt und dann wieder problemloser Schotter. Bald stehe ich auf der Passhöhe beim unscheinbaren Holzschild  Colle di Tenda (1.871m)

Von hier fahre ich den groben Schotterweg hinüber zum Fort Central. Das ist für meine V-Strom ohne Stollenreifen und ohne Unterfahrschutz schon grenzwertig. Ich fahre ganz langsam im Stehen, es geht ohne Probleme. Den tlw. faustgroßen Steinen kann ich gut ausweichen. Hier heroben bläst ein frischer Wind. Ich mache ein paar Fotos und suche mir ein etwas windstilleres Plätzchen um mich mit Brot, Wurst und Käse zu stärken. Nach einer halben Stunde breche ich auf um auf der französischen Seite die Fahrt nach unten anzutreten. Der Blick von oben auf die vielen Serpentinen ist wirklich toll. Ganz oben ist der Schotter noch recht grob, aber nach den ersten Kehren wird es ganz passabel. Ein Jeep und ein Quadfahrer sind die einzigen Verkehrsteilnehmer, die mir begegnen.

Bilder Tag 3 - Teil 1

Der untere Teil ist dann wieder asphaltiert aber sehr schmal und mit engen 180° Kehren. Kurz vor dem Tendetunnel auf französchischer Seite mündet die Straße dann in einer Kurve wieder auf die Hauptstraße ein. Kein Wunder, dass ich das bei der Herfahrt übersehen hatte.

Nun geht die Fahrt wieder sehr flott zurück bis Sospel und dann kommt das nächste Highlight, der Col de Turini (1.607m). Er kann nicht mit Höhenmetern glänzen, bietet aber eine phantastische Streckenführung. Ich kann nur vage ahnen, wie sich hier die Rennfahrer der Rallye Monte Carlo bei Nacht und ohne Servolenkung um die Kehren geplagt haben.

 

Gleich am Beginn warnen mich entgegenkommende Fahrzeuge. Es gab einen kleinen Felssturz und die Fahrbahn ist ca. 20m lang mit kleinen Geröllstücken übersät. Aber danach gibt es kein Halten mehr. Eine Kehre nach der anderen, eine flotte Kurve nach der anderen rauschen unter den Rädern durch. Ein tolles Gefühl. Wieder herrscht kaum Verkehr, ich genieße die Fahrt in vollen Zügen. Kurz vor dem Ziel queren ca. 50 Ziegen die Straße. Nach einer kurzen Rast auf der Passhöhe geht es in gemütlicher Fahrt das Tal Vesubie hinunter. Die Straße schlängelt sich durch den Wald. Leider gab es auf der Strecke einen Motorradunfall, aber die Rettung war bereits zur Stelle. Ich hoffe, es ist nichts Gröberes passiert. Ich bleibe bei meinem gemütlichen Tempo und genieße die Gegend und den Kurvenrhythmus. Als Nächstes liegt der Col Saint Martin (1.500m) auf der Strecke und dann folgen wieder zahllose Kurven im Auf und Ab bis zum Col de la Couillole (1.678m)

 

Es wird schon langsam Abend und wieder bin ich beinahe alleine unterwegs. In Guillaumes finde ich zum Glück noch eine Tankstelle die offen hat. Die Reserveanzeige hat schon eine ganze Weile nervös geblinkt. So kann ich beruhigt weiter fahren und mir eine Unterkunft suchen. Es geht noch ein ganzes Stückchen weiter. Ins Navi habe ich La Foux d´Allos eingegeben, weil ich dort aus dem Internet ein günstiges Hotel gefunden habe. Allerdings führt mich das Navi eine sehr, sehr einsame und enge Straße in vielen Kurven auf eine Anhöhe in der Nähe von Colmar. Ich rechne mir aus, dass ich nicht vor 21:30 Uhr ankommen werde. Ein gemütlich aussehendes Gasthaus auf der Anhöhe lässt mich anhalten. Leider ist dort kein Zimmer zu bekommen, aber die freundlichen Wirtsleute rufen bei einem Kollegen im Tal an. Dort bin ich vor einer Viertel Stunde vorbei gefahren. Ich starte also nochmals und schlängle mich ins Tal hinunter nach Saint-Martin-d´Entraunes. Dort finde ich ein nettes Zimmer im Hotel Vallière und bekomme auch noch um 20:45 Uhr ein gutes Abendessen.

Wieder ist ein unvergesslicher Tourentag gut zu Ende gegangen.

Bilder Tag 3 - Teil 2

Tag 4 - Heimreise

Es ist Sonntag, daher frühstücke ich erst um 8:00 Uhr. Nachdem ich mich mit einer riesigen Tasse schwarzem Kaffee und Croissant gestärkt habe, schaue ich mir den Wetterbericht im Internet an. Es wird sehr unbeständiges Wetter gemeldet. Ich überlege, ob ich mich nicht schon deutlich Richtung Heimat bewegen soll.

 

Nachdem ich alles wieder auf der V-Strom verstaut habe, schmiere ich noch die Kette. Diese ist jetzt schon sehr locker. Auf geht es um 9:00 Uhr auf den Col de la Cayolle. Eine tolle Schlucht- und Almstrecke. Plötzlich in einer Kehre aufwärts macht es Klack und ich habe keinen Antrieb mehr. Ein Blick nach unten - die Kette ist gebrochen - oder? Ich bocke die Maschine auf den Hauptständer und betrachte die Misere. Gott sei Dank ist die Kette nur abgesprungen. Da sie so locker sitzt, bekomme ich sie ohne Werkzeug relativ einfach wieder auf das Zahnrad. Aber nun ist mir nicht mehr wohl bei der Weiterfahrt. Die nächsten Kilometer fahre ich wie auf rohen Eiern.

 

Noch dazu fängt es jetzt auch zu regnen an, zuerst nur wenig, dann immer stärker. Jetzt ist der Entschluss gefasst, ich fahre möglichst kettenschonend nach Hause, also keine Pässe sondern möglichst Autobahn. In Barcelonette fülle ich noch einen halben Liter Öl nach und schaue mir auf der Karte die Route an. Bei Briancon fängt es zu schütten an, erst kurz vor der Grenze zu Italien hört es wieder auf. Die Fahrt über den Col de Montgenèvre verläuft trotzdem problemlos. Die Strecke ab Oulx nach Susa und Turin kenne ich ja schon von meiner Vorjahrestour im Piemont.

Bis Turin nehme ich die Bundesstraße und dann bei bis zu 38 Grad die Autobahn nach Hause. Um 20:45 Uhr komme ich wohl behalten nach knapp 900 km Tagespensum an. Alles nochmal gut gegangen, alles in allem eine Traumtour, an die ich noch oft denken werde.

 

 

Bilder Tag 4