Route des Grandes Alpes

19. - 26. JUNI 2014

mit Abstecher in den Vercors und zum Grand Canyon du Verdon

Gesamtstrecke: 3.160 km

19. Juni 2014 - Anfahrt - Tag 1

 

Volders - Flüelapass - Andermatt - Oberalppass - Furkapass - Grimselpass - Col du Pillon - Pas de Morgins - Abondance - Thonon-les-Bains - Armoy

Strecke: ca. 600 km

 

Wir treffen uns um 06:00 Uhr am Autobahnparkplatz Zirl und starten in die gemeinsame Tour. Schon die Anfahrt zu unserem ersten Ettappenziel am Genfer See wird ein Genuss! Es geht zuerst flott über die Autobahn nach Landeck, durch den Tunnel Richtung Reschenpass. In Martina biegen wir ab ins Engadin. Die Fahrt geht über den Flüelapass (2.383 m) weiter zum zügig zu fahrenden Oberalpass (2.044 m) und dann die tolle Strecke mit vielen Kehren hinauf und hinunter über den Furkapass (2.429 m) und den Grimselpass (2.164 m). Immer wieder bleiben wir stehen und genießen die Aussicht und machen ein paar Fotos.

 

Dann fahren wir nach Interlaken wo wir nach einer kurzen Pause noch rechtzeitig vor einem Gewitterregen in den Tunnel einfahren. Danach ist zwar die Straße noch nass, aber wir bleiben trocken. Allerdings zeigen sich schon bald wieder dunkle Wolken am Himmel. Bei Gstaad vorbei beginnt es kurz vor dem Col du Pillon (1.546 m) stark zu regnen. Wir fahren zu Seite und stellen uns unter ein kleines Vordach an einer Hütte und warten ca. 10 Minuten, bis der Regen nachlässt. Dann fahren wir weiter und sind wenige Minuten danach auf der Passhöhe, wo die Straße ins Tal vollkommen trocken ist. Scheinbar hat sich hier das Gewitter auf die andere Seite verzogen.

 

Bald sind wir am Pas des Morgins (1.369 m), kurz nach der schweizerisch-französischen Grenze, wo wir eine letzte kurze Pause am kleinen See einlegen. Um ca. 19:00 Uhr sind wir dann in Thonon-les-Bains, wo wir die Maschinen noch volltanken, bevor wir noch die paar Minuten zu unserer Unterkunft l´Echo de Montagne in Armoy fahren. Hier habe ich schon 2012 bei meiner Tour übernachtet. Nachdem wir die Zimmer bezogen und uns erfrischt haben genießen wir ein hervorragendes Abendessen im Restaurant und löschen unseren Durst mit Bier :-)

 

20. Juni vormittags - Route des Grandes Alpes - Tag 2
Gesamttagesstrecke: ca. 470 km

 

Wir stehen früh auf und starten kurz vor 6:00 Uhr unsere Maschinen, das Wetter verspricht strahlenden Sonnenschein. Da wir gestern von Abondance kommend ja bereits die ersten Kilometer der eigentlichen Routes des Grandes Alpes gefahren sind, geht es heute direkt von Armoy die ersten kurvigen Straßen Richtung Süden. Bald sind wir jedoch wieder auf der eigentlichen Route und kommen, nachdem wir uns in der Bäckerei in Le Jotty mit frischem Baguette eingedeckt haben, zum ersten, eher unscheinbaren Pass Col des Gets (1.163 m).

 

 

Aus dem Tal sehen wir noch die Morgennebel aufsteigen. Nach einer knappen halben Stunde sind wir in Cluses, von wo aus wir den Col de la Colombière (1.613 m) ansteuern. Kurz vor 8:00 Uhr stehen wir bereits auf der Passhöhe, das Restaurant hat leider noch geschlossen. Daher muss der Frühstückskaffee noch etwas warten. Auf der Südseite des Passes geht es gemütlich wieder ins Tal und weiter nach Flumet und dann in sehr flotter Fahrt zum dritten Pass dieses Tages, dem Col des Aravis (1.486 m). Es ist kaum Verkehr, der Straßenbelag und das Wetter sind perfekt - ein Traumtag!

 

Anschließend steht der Col des Saisies (1.650 m) am Programm. Dieser Pass bietet keine wirklichen Besonderheiten, allerdings gönnen wir uns hier nach ca. 4 Stunden Fahrt den schon lange ersehnten Kaffee :-)

Die anschließende Fahrt führt kurvig ins Tal und dann steuern wir ein echtes Highlight an. Die Strecke führt uns über Beaufort am Stausee Lac de Roselend vorbei zum Cormet de Roselend (1.968 m). Diese Strecke lädt zum gemütlichen Fahren und Schauen ein. Oben versorgen wir uns nach den obligatorischen Passfotos bei einem kleinen Stand mit frischer Wurst und frischem Käse, wovon wir vorher jeweils Kostproben genommen haben.

 

Die sehr kurvige Fahrt hinab ins Tal nach Bourges Saint Maurice macht ebenso Spaß wie anschließend die flotte Gangart hinein ins Val d´Isere. Beim Stausee Lac de Chevril wird wieder ein Fotostopp eingelegt und danach geht es hinauf auf den höchsten Pass an diesem Tag, den Col de l´Iseran (2.770 m). Jetzt stehe ich schon zum dritten Mal hier heroben, jedes Mal bei bestem Wetter. Es hat ca. 12 Grad und es ist etwas windig. 

Nach einer kurzen Pause fahren wir auf der Südseite wieder ins Tal und genießen den phantastischen Ausblick. Unten wird natürlich wieder bei der alten Steinbrücke ein kurzer Stopp eingelegt und kurz danach zweigen wir zum Flußufer ab, wo wir uns bei einem kleinen Teich mit dem Brot und dem mitgebrachten Speck stärken.

20. Juni nachmittags - Richtung Vercors - Tag 2

 

Auf dem nun folgenden Abschnitt verlassen wir bei Saint-Michel-de-Maurienne die eigentliche Routes des Grandes Alpes und fahren weiter nach Westen, bis nach Saint-Jean-de Maurienne. Dort wenden wir uns nach Süden und kommen über eine kleine, feine Straße unerwartet wieder auf einen Pass, den Col de Glandon (1.924 m). Dort hat sich schon ein ganzer Trupp Harleyfahrer angesammelt. Auf der Fahrt nach unten wäre noch ein Abstecher zum Col de la Croix de Fer möglich, allerdings liegt dieser nicht mehr in unserer Richtung. Es ist schon späterer Nachmittag und wir haben noch ca. 3 Stunden Strecke vor uns.

 

Der weitere Verlauf führt uns an einem schönen Stausee vorbei und schließlich nach Grenoble. Dort decken wir uns noch mit Lebensmittel (also Bier und Wein :-)) ein. Das Navi führt mich zuerst in die Irre und so kommen wir erst nach ca. 1/2 Stunde Stopp and Go aus Grenoble hinaus auf die richtige Straße nach Saint-Martin-en-Vercors. Gleich nach Grenoble gibt es nochmals eine tolle Serpentinenstraße und danach eine flüssig zu fahrende Strecke. Allerdings spüren wir jetzt schon langsam die lange Tour in den Knochen und freuen uns, als wir nach einer abenteuerlichen Fahrt durch die Gorges de la Bourne, eine 600 m lange Schlucht, endlich um ca. 19:30 am gebuchten Ferienhäuschen ankommen.

 

Der Hauseigentümer sperrt uns auf und als allererstes werden die Bierdosen im Kühlfach verstaut. Nachdem wir aus unseren Klamotten heraußen sind können wir schon ein erstes kühles Bier im kleinen Garten genießen. Dann wird geduscht und zum nächsten Bier gibt es dann den mitgebrachten Speck, den Käse und die Wurst vom Cormet des Roseland. Nachdem es kühler wird, genießen wir noch im Häuschen die gekaufte  Flasche Saint Emillion Grand Cru und lassen die bisherige Tour nachklingen. So geht ein sehr schöner, langer Tourentag gemütlich zu Ende. Für den nächsten Tag ist eine Erholungstour im Vercors geplant.

 

 

21. Juni 2014 - Schluchtenrunde im Vercors - 3. Tag Vormittag

Col de la Machine - Combe Laval - Pont en Royans

Tagesstrecke: ca. 220 km

 

Heute steht eine kleinere, entspanntere Tagestour an, jedoch mit einer Reihe von Highlights. Die Nacht haben wir gut geschlafen, der neue Tag verspricht wieder bestes Wetter. Am Morgen ist es noch recht frisch und tauig. Bevor wir etwas nach 8:00 Uhr starten können, müssen erst die Motorräder trocken gewischt werden. Dann fahren wir Richtung Süden nach Chappelle-en-Vercors, wo wir uns erst einmal einen starken Kaffee gönnen. Gleich gegenüber in der Bäckerei bekommen wir frisches Baguette und Pain du Chocolat.

 

So gestärkt machen wir uns auf den Weg über eine weite Ebene und stoppen das nächste Mal bei einem Heldenfriedhof der Resistance. Von hier geht es dann steil bergauf zu unserem ersten Tagesziel: dem Col de la Machine (1.011 m) und gleich dahinter der Combe Laval. Hier ist die Straße teilweise direkt aus dem Felsen gesprengt worden und führt durch zahlreiche Naturtunnel. Je nach Fahrtrichtung hat man links die Felsenwand und rechts den beinahe senkrechten Abgrund bis zu 600 m tief - mehr als beeindruckend!

Hier bleiben wir fast ein Stunde und machen viele Fotos aus verschiedensten Perspektiven. 

 

Nachdem wir alles gebührend bestaunt haben, geht die Fahrt weiter. Der nächste Ort, den wir ansteuern, ist Pont-en-Royans. Hier kleben die Häuser direkt an der steilen Felsenwand, die Balkone sind atemberaubend abgestützt, Benützung wohl wirklich nur für Schwindelfreie. Wir versorgen uns vorsichtshalber mit ein paar Dosen Bier für den späteren Nachmittag. Allerdings ist das beinahe masochistisch, bei 25 Grad am Motorrad und im Topcase ein (noch) eiskaltes Bier!

21. Juni 2014 - Schluchtenrunde im Vercors - 3. Tag Nachmittag

Gorges du Nans - Canyon des Ecouges - Gorges de la Bourne

 

Der nächste Höhepunkt jedoch lässt das fast vergessen: wir folgen dem unscheinbaren Wegweiser in Cognin-les-Gorges und fahren hinauf zur Gorges du Nans. Zuerst windet sich die schmale Straße immer weiter in die Höhe und plötzlich nach einer scharfen Linkskurve steht man vor einem Felstunnel. Hier beginnt wieder ein atemberaubender Abschnitt. Unter den überhängenden Felswänden machen gerade rund 15 Motorräder einen Fotostopp. Wir fahren zuerst durch diesen Abschnitt und bleiben danach stehen, um unsere Bilder zu schießen. Einfach super!

 

Der Weg schraubt sich weiter nach oben. Dort finden wir ein Denkmal, das als "Die schlafende Freiheit" bezeichnet wird. Die ganze Umgebung war im WK2 ein Stützpunkt der Widerstandsbewegung.

 

Anschließend geht es relativ holprig weiter und wir verlieren wieder an Höhe. Der nächste Wegweiser verspricht dann wieder Hochspannung. Es geht durch den Canyon des Ecouges. Und wieder staunen wir über die mächtigen Felswände und tiefen Schluchten und natürlich darüber, dass hier auch noch eine Straße Platz gefunden hat. Diese Schlucht ist ein Eldorado für Naturbegeisterte, wir begegnen vielen Leuten, die hier dem Canyoning frönen.

Den Blick in die Tiefe sind wir ja inzwischen schon gewöhnt, die Autos ganz unten gleichen Matchboxautos. Zum Abschluss geht es noch durch einen halben Kilometer langen einspurigen Naturfelstunnel, in dem es nur 2 Ausweichen gibt.

 

Zum Abschluss dieser Schluchtenrunde kommen wir über Lans-en-Vercors wieder in die Gorges de la Bourne und kurz danach um ca. 17:00 Uhr zu unserem Ausgangsort Saint-Martin-en-Vercors. Hier gönnen wir uns dann endlich das kalte Bier und eine gute Mahlzeit in der Sonne im Garten und lassen die Eindrücke von heute im Gespräch nachklingen. Morgen verlassen wir dieses nette Quartier und fahren weiter Richtung Süden.

22. Juni 2014 - 4. Tag

Col de Rousset - Grand Canyon du Verdon - Nizza - Menton

 

Wieder steht uns ein prächtiger Tag und eine tolle Tour bevor. Nachdem wir alles verräumt und die Motorräder wieder beladen haben, geht es kurz nach 8:00 Uhr los in Richtung Süden. In Chapelle-en-Vercors machen wir dieses Mal nur einen kurzen Stopp um frisches Baguette zu kaufen, dann nehmen wir die Straße zum Col de Rousset (1.254 m). Dieser Pass verbindet den Vercors mit der Provence. Besonders die Südrampe ist phantastisch. Wir schießen wieder ein paar Bilder und müssen weiter unten einen kurzen Halt einlegen, da hunderte Schafe die Straße queren. Am Fußende des Passes genehmigen wir uns dann eine große Schale Kaffee mit pain du choclat bevor wir uns wieder auf den Weg machen.

 

Meine Befürchtung, dass die Anreise zum Canyon du Verdon eher langweilig wird, war unbegründet. Die Gegend wechselt immer wieder ab und die Straßen sind einfach wie zum Motorradfahren gemacht. Von Die geht es vorerst der Drome entlang Richtung Südosten über den Col de Carabes (1.261 m). Die schmale Straße führt gemächlich in vielen Kurven bergan. Auf der ganzen Passtrecke begegnet uns nicht ein einziger anderer Verkehrsteilnehmer. Dann führt uns der Weg flott weiter über Serres nach Sisteron. Hier legen wir wieder ein kurze Verschnaufpause ein. In der Felswand gegenüber öffnet sich ein Einschnitt wie eine hohe Kathedrale.

 

Danach fahren wir ziemlich genau Richtung Süden. Bei Les Mees bestaunen wir im Vorüberfahren die eigenartigen Felsformationen, die als Les Pénitants (die Büßer) bezeichnet werden. Nach einem Tankstopp in Oraison nehmen wir die Nebenstraße Richtung Osten. Hier können wir sehr zügig den griffigen Asphalt unter die Räder nehmen. Nach Bras d´Asse kommt noch einmal eine tolle kurze Bergstrecke auf eine Hochebene. Bald danach taucht auch schon das erste Lavendelfeld auf. Schließlich gelangen wir nach Moustiers-Saint-Marie, von wo es nicht mehr weit bis zum Einstieg in den Grand Canyon du Verdon ist.

 

In einem schattigen Gastgarten genehmigen wir uns ein Eis (Pizza gibt es hier erst am Abend) und dann geht es in den Canyon. Am Beginn gibt es bereits einen großartigen Blick hinunter auf den Lac de Saint Croix und die ersten Tiefblicke in den Canyon. Nach den ersten Aussichtspunkten führt die Straße etwas abseits und Gerhard meint schon, ob das alles gewesen sei. 

Bald danach starten wir die Runde über die Route des Cretes. Diese führt an der nördlichen Seite des Canyons entlang und bietet immer wieder atemberaubende Ein- und Tiefblicke.

Die Straße ist tlw. als Einbahn geführt, sodass man während der Fahrt ohne Gegenverkehr die tolle Aussicht genießen kann und führt dann wieder zum Ausgangspunkt zurück. Nun machen wir uns auf in Richtung Nizza. In Grasse stoppen wir um eine Unterkunft in der Nähe zu finden und buchen ein Hotel in Menton. So können wir beruhigt nach Nizza fahren. Den Plan, auf der Promedade des Anglais etwas zu trinken geben wir bald auf, der Verkehr ist ein Wahnsinn und ein Parkplatz für die zwei Goldwings und meine KTM ist nicht zu finden. Wir fahren weiter und finden dann im Hafen von Nizza doch noch eine Parkmöglichkeit auf dem Gehsteig und genießen Kaffee und Wasser bzw. ein kaltes Bier (wer wohl? :-)) mit Blick auf den Hafen.

 

So sitzen wir eine gute Stunde und machen uns dann auf nach Menton zum Best Western Hotel. Das liegt direkt an der Straße neben dem Meer. Wir kommen um 21:30 dort an und beziehen das Zimmer. Die Motorräder können wir in den Hof stellen. Zum Essen gibt es im Restaurant nichts mehr, aber gegenüber an der Strandbar bekommen wir noch ein, zwei kalte Bier als Betthupferl.

23. Juni 2014 - Route de Grandes Alpes - 5. Tag Vormittag

Menton - Col de Braus - Sospel - Col de Turini - Col Saint Martin - Col de la Couillole

 

Wieder starten wir nach ein paar Fotos am Morgen um 7:00 Uhr die Motorräder und wollen die Straße nach Sospel über den Col de Castillon nehmen. Leider ist die Straße wegen Bauarbeiten komplett gesperrt und die Autobahn wollen wir nicht nehmen. So führt uns der Weg eine kleine Straße hinauf nach Ste-Agnès, von wo wir einen schönen Blick hinunter nach Menton haben. Danach geht es durch das Hinterland in Richtung Col de Braus. Die Straße wird immer schmäler und schließlich geht der Asphalt in Schotter über, der dann immer gröber wird. Hier sind wir komplett alleine unterwegs.

 

Der KTM macht das natürlich nichts, ich schalte in den Offroadmodus, stelle mich in die Rasten und lass die zwei Gold Wings im Staub hinter mir. Diese ungeplante Schotterfahrt macht mir viel Spaß. Wolfgang und Gerhard sind naturgemäß von dieser Piste nicht sehr begeistert und steuern ihre Dickschiffe vorsichtig aber routiniert hinterher. Am Trike hat sich eine Schraube der Armlehne vom Soziussitz gelockert, die Gerhard provisorisch wieder befestigt. So fahren wir ein paar Kilometer bis wir direkt auf der Scheitelhöhe des Col de Braus (1.002 m) wieder auf Asphalt kommen. Hier steht auch das Grabmal von Rene Vietto, eines Radsportlers aus den 30er, 40er Jahren. Wolfgang und Gerhard prüfen, ob an ihren Gold Wings noch alles dran ist.

 

Aber die (Tor)tour ist für die zwei noch nicht vorüber. Nach den tollen Kehren den Pass auf der Ostrampe hinunter kommen wir am Col de St-Jean (642 m) zu einem ganz frisch geteerten Straßenabschnitt. Trotz sehr langsamer Fahrt spritzen die warmen Teerkügelchen und kleben anschließend überall an den Motorrädern. In Sospel genehmigen wir uns dann einen starken Kaffee mit Croissants und erholen uns von dieser ungeplanten Ausweichroute, die die Wings letztlich aber ohne Schäden überstanden haben.

 

Danach kommt ein Pass, auf den wir uns schon sehr freuen. Da Gerhard mit seinem Trike enge kurze Kurven und Kehren den schnellen langgezogenen Kurven vorzieht, ist der Col de Turini (1.607 m) für ihn der ideale Pass. Wolfgang übernimmt die Führung und nachdem wir die paar wenigen Verkehrsteilnehmer hinter uns gelassen haben nehmen wir die engen Serpentinen und vielen Kurven hinauf zum Pass in einem ziemlich flotten Tempo. Wenn ich es nicht selbst gesehen hätte wie diese zwei Maschinen flott um die Kehren herumzirkeln und die flotten Kurven durchpflügen, hätte ich es nicht glauben können. Da werden die Trittbretter der Gold Wing nicht geschont und das Außenrad des Trikes ist immer wieder in der Luft, bevor es mit einem Quietschen wieder am Asphalt aufsetzt.

Oben angekommen haben wir alle ein breites Grinsen im Gesicht und stellen die Maschinen mit vor Hitze knisternden Motoren ab. Wir setzen uns erst einmal hin und lassen den Adrenalinschub wieder abklingen. Die Fahrt war so atemberaubend und phantastisch, dass wir auf der Passhöhe nicht einmal daran denken, ein Foto zu machen.

 

Anschließend geht es genussvoll in das Vesubietal hinunter, wo sich immer wieder schöne Aussichten ergeben. Wir kommen nach St-Martin-Vésubie und peilen die zwei nächsten Pässe der Route des Grandes Alpes an. Zuerst kommen wir zum Col Saint Martin (1.500 m) und dann zum Col de la Couillole (1.678 m). Dort machen wir eine kurze Verschnaufpause und stärken uns mit einer Jause. Als ich meine Stiefel wieder anziehen will, hat sich inzwischen einer wie von selbst mit Stroh gefüllt; wer das wohl war? :-)

Bei Beul weichen wir dann etwas von der normalen Route ab und fahren nicht nach Valberg sondern wenden die Lenker in Richtung Süden.

23. Juni 2014 - 5. Tag Nachmittag

Gorges du Cians - Gorges du Daluis - Guillaumes - Col de la Cayolle - Jausiers

 

Die Route führt uns auf einer sehr gut ausgebauten Strecke in flotter Fahrt durch die Gorges du Cians. Die roten Felsen türmen sich links und rechts und teilweise auch über der Fahrbahn auf. Eine tolle Strecke! Dann führt uns der Weg ab Pont de Cians ziemlich genau nach Westen, wo wir dann bei Entrevaux die Tanks wieder auffüllen. Dieses mittelalterliche Dorf wird von einer mächtigen, beeindruckenden Burganlage beherrscht, die sich den ganzen Hügel hinauf erstreckt.

 

Bei Pont de Gueydan geht es dann wieder ziemlich genau nach Norden durch die phantastische Gorges de Daluis. In dieser Richtung haben wir die Außenspur, die ohne Tunnels am Rand der Schlucht entlang führt. Die Strecke lässt sich teilweise sehr flott fahren, dann lädt sie wieder einfach nur zum Genießen und Schauen ein. Ich bin froh, dass wir diese zwei Abstecher mit in die Routenplanung aufgenommen haben.

 

In Guillaumes nehmen wir in einem Cafe an der Straße Platz und stärken uns mit Koffein und Wasser bevor es weiter geht. Es ist noch früher Nachmittag und das ursprüngliche Etappenziel bei St. Martin d´Entraunes, wo ich vor zwei Jahren übernachtet habe, ist schon bald erreicht. Hier fahren wir ein Stück die wildromantische Straße Richtung Colmar. Das Gasthaus, das ich als eventuelle Herberge angepeilt hatte, ist geschlossen. Da wir noch genug Zeit haben, beschließen wir, auch noch den nächsten Pass in Angriff zu nehmen. Es geht kurvenreich auf den Col de la Cayolle (2.326 m). Dort mache ich wieder einmal ein paar Fotos von den zwei Gold Wings in Fahrt. Dann geht es das lange Tal hinaus nach Barcelonnete.

 

Hier suchen wir kurz - vergeblich wie viele andere Motorradfahrer auch - nach einer freien Unterkunft, daher nütze ich wieder mein App am Smartphone. Kurz darauf habe ich ein paar Kilometer weiter in Jausiers ein Appartement gebucht. Knapp 10 Kilometer später ist die Überraschung groß, als wir an der Unterkunft Chateau de Magnans ankommen. Es ist tatsächlich ein renoviertes Schloss und liegt gleich am Beginn der Straße zum Col de la Bonette etwas oberhalb der Straße. Wir bekommen im Schloss im dritten Stock ein sehr geräumiges Appartement mit Blick über das Tal. Ein tolles Ambiente, einfach super!

 

Wir gönnen uns fürs Erste einmal ein kaltes Bier auf der Terrasse und stellen dann die Motorräder in die Garage und das Gepäck ins Zimmer. Nach einem weiteren Bier gehen wir zu Fuß ins Dorf, wo wir im Restaurant "Les Arcades" ausgezeichnet und günstig essen. Bei einer Flasche Rotwein neigt sich ein weiterer toller Tourentag dem Ende zu.

24. Juni 2014 - Route des Grandes Alpes - 6. Tag

Jausiers - Cime de la Bonette - Col de Vars - Guillestre - Col d´Izoard - Col du Galibier - Col du Telegraphe - Mont Cenis - La Morra (I)

 

Nach einer sehr guten Nachtruhe starten wir um 7:00 Uhr und machen uns auf dem Weg zum höchsten Punkt der Tour, auf die Cime de la Bonette (2.802 m). Wieder sind wir alleine unterwegs und stehen eine Stunde später auf der Aussichtsplattform in 2.862 m Höhe. Der Blick ist phantastisch. Unten bei der Steintafel stehen unsere drei Motorräder einsam und verlassen. Jetzt bin ich zum dritten Mal hier heroben, es ist immer wieder beeindruckend.

 

Nach vielen Fotos gehen wir wieder hinunter zu den Motorrädern und fahren dieselbe Strecke retour. Bei einem kleinen Bergsee in 2.500 m Höhe genießen wir eine Speckjause. Mit Ausnahme der Murmeltiere und vereinzelten Radfahrern sind wir alleine. Gestärkt machen wir uns auf den Weg zurück nach Jausier und dann kurvig auf den Col de Vars (2.109 m). Dort gibt es Kaffee und Gebäck als zweites Frühstück. Anschließend fahren wir weiter hinunter nach Guillestre. Der weitere Straßenverlauf zuerst durch die Schlucht und dann über weit gezogene, schnelle Kurven verleitet zum Schnellfahren. Bevor wir den Pass erklimmen müssen wir nochmals zurück nach Guillestre zum Tanken. Ich hatte vergessen, dass das Trike doch etwas mehr schluckt als unsere zwei Maschinen. Macht nichts, einfach die tolle Strecke noch einmal hin und retour genießen :-)

 

Der nächste Pass, den wir ansteuern, ist der Col d´Izoard (2.361 m). Die wilde Landschfaft auf der Südseite ist wirklich phantastisch und heißt nicht umsonst Casse Deserte. Hier ist schon deutlich mehr los, vor allem sehr viele Radfahrer tummeln sich auf der Straße - und das unter der Woche! Die Straße auf der Nordseite hinunter nach Briancon ist auch sehr schön zu fahren. In dieser Richtung ist die Strecke auch für mich neu. Nun haben wir noch zwei Pässe der Route des Grandes Alpes offen. Es geht auf schneller Straße durch das Vallée de la Guisane zum beachtlich hohen Col du Galibier (2.645 m). Kurz davor stoppen wir noch am Col du Lautaret (2.058 m), bevor wir die kurvige Straße ohne Randsicherung im flotten Tempo unter die Räder nehmen. Schon ziemlich weit oben fällt mein Blick vor einer scharfen Linkskurve auf eine mehrere Meter lange Autobremsspur, die kerzengerade über die Kurve hinaus führt. Dahinter geht es mehrere hundert Meter steil bergab. Ich fürchte, dass da niemand mehr lebend aus dem Auto ausgestiegen ist. Ich muss mich zwingen, die Blickführung wieder zu korrigieren, damit ich nicht selbst nachfolge.

 

Oben wird natürlich wieder das obligatorische Passfoto geschossen und wir genießen den Ausblick. Die Fahrt hinunter in Richtung Norden eröffnet wieder gänzlich andere Ausblicke als die übliche Nord-Südroute. Dann fehlt uns nur noch der letzte Pass der Route des Grandes Alpes, den wir bald erreichen. Der Col de Telegraphe (1.566 m) ist zwar im Vergleich zum Galibier nicht mehr hoch, aber die Nordrampe hinunter bietet noch ein paar tolle Kehren. Unten im Tal fahren wir nun nach Osten um bei Lanslebourg die kehrenreiche Straße hinauf zum Stausee Mont Cenis zu nehmen. Bis hierher hatten wir immer phantastisches Wetter. Nun tauchen immer mehr Wolken auf und am See Mont Cenis angekommen, spüren wir die ersten Regentropfen. Wir bleiben stehen und ich ziehe mir die Regenhose an. Das war eine gute Entscheidung, denn bald darauf erwischt uns der Gewitterregen voll. Leider müssen wir die Serpentinen auf italienischer Seite sehr langsam im strömenden Regen hinter zwei großen Bussen hinterherfahren. In Susa angekommen suchen wir Schutz in einer Waschanlage. Da es nicht nach Besserung aussieht, ziehen auch Wolfgang - dessen Jeans natürlich komplett durchnässt ist - und Gerhard die Regenkombis über und ich auch noch meine Regenjacke. 

 

Wir haben noch rund 120 Kilometer bis zu unserer Unterkunft in La Morra vor uns. Gut die Hälfte davon fahren wir rund eine Stunde in teilweise sturmartigen Regengüssen und bei extrem viel Verkehr. Das waren wir von den letzten Tagen überhaupt nicht mehr gewohnt. Nachdem es endlich aufgehört hat, trocknet uns der Fahrtwind bald wieder auf. Um 19:30 Uhr kommen wir in der gebuchten Unterkunft, einem Weinbauern in La Morra, bei der ich schon 2012 war, an. Wir bekommen wieder zwei nette Zimmer und nach der Dusche fahren wir zu einer Pizzeria und essen die erste Pizza auf dieser Tour. Es schmeckt ausgezeichnet und das Bier dazu ebenso. Danach genießen wir noch auf der Terrasse unserer Unterkunft eine Flasche Wein und lassen die Highlights der vergangenen Tage nochmals vorbei ziehen, bevor wir uns in die Zimmer verziehen.

Damit ist die Route des Grandes Alpes inklusive der tollen "Ausreißer" Vercors, Canyon du Verdon, Gorges du Cians und Gorges du Daluis schon wieder Geschichte.

 

25. Juni 2014 - 7.  Tag Ruhetag - 8. Tag Heimreise

 

Am Morgen beschließen wir beim ausgezeichneten Frühstück hier noch eine Nacht zu bleiben. Das Wetter ist wieder schön und ein Ruhetag nach den 6 doch sehr anspruchsvollen Tourentagen kann vor der Heimreise nicht schaden. Wir müssen zwar in ein Appartement wechseln, können aber noch eine Nacht bleiben.

 

Nach dem Zimmerwechsel fahren wir ein bisschen die Umgebung durch die vielen Weinberge ab und trinken einen Kaffee in einem kleinen Dörfchen. In Barolo gönnen wir uns dann in einem Gastgarten ein kühles Bier. Dann fahren wir nach Alba und kaufen uns in einem großen Supermarkt eine gute Jause, die wir dann am Nachmittag im Garten bei einer Flasche Rotwein genießen können.

 

Der Erholungstag hat richtig gut getan, die vielen Eindrücke der letzten Tage konnten sich etwas setzen und mein Sitzfleisch war auch dafür dankbar :-)

 

Am 28. Juni treten wir dann nach dem Frühstück die Heimreise an. Wir fahren bis Alba und dann auf die Autobahn. Kurz vor Descenzano del Garda trinken wir noch einen Espresso in einer Raststätte und verabschieden uns dann voneinander. Wolfgang und Gerhard bleiben noch zwei Tage am Gardasee, mich ruft die Arbeit wieder nach Hause.

Am Nachmittag biege ich kurz nach 15:00 Uhr glücklich nach 3.160 km Gesamtstrecke in die Hauseinfahrt ein. Raus aus den Motorradkleidern und rein in den Pool - herrlich!

 

Diese Tour war in jeder Hinsicht super. Das Wetter traumhaft schön, der Himmel meist beinahe schon kitschig blau, der Straßenbelag griffig und die gemeinsame Fahrt voller (Fahr)Spaß und guter Stimmung. Der Verkehr hielt sich in Grenzen, oft waren wir alleine unterwegs. Ich denke, das wird nicht das letzte Mal gewesen sein, dass wir drei auf Tour gegangen sind.